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Mein »Österreich I« begann. Ich zog zu meinem Boyfriend Peter nach Mödling, führte mein Studium fort und pendelte daher täglich mit Schnellbahn und U-Bahn zur Uni am Schottentor von Niederösterreich nach Wien hinein. Damals lernte ich im »Soziologischen Praktikum« meine spätere, beste Freundin Manuela kennen — eine Freundschaft, die bis heute gehalten hat.
Manuela war diejenige, die ein paar Jahre später die Anzeige im »Falter« entdecken und mir den Tipp geben sollte, dass für das Projekt einer schwulen Buchhandlung in Wien ein Buchhändler gesucht würde und ich mich doch am besten gleich dort bewerben solle. So schwer könne das ja nicht sein — dachten wir uns damals — wohl etwas naiv zugegeben.
Auch hatten wir nicht den blassesten Schimmer, was für eine finanzielle Anstrengung es bedeuten würde, so eine Buchhandlung aus dem Boden zu stampfen, sie quasi »hinzustellen« — geschweige denn sie auch zu betreiben. Ich sollte es noch erfahren. Peter, der das »Sodom« auch kannte, und mir erschien das Fehlen eines entsprechenden Ladens als eine schmerzliche Lücke in einer sonst fröhlich erblühenden, sehr lebendigen Szene, die Wien damals aufwies.
Aber ein »Sodom« hatte die Stadt nicht zu bieten. Das hatte München Wien einfach voraus.
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Durch die Beziehung, die neue Heimat und das Studium, in das ich mich hineinkniete, verlor ich in den kommenden Jahren dennoch das »Sodom« aus den Augen. Die Abstecher beschränkten sich auf ein-, zweimal im Jahr. Für die Fachliteratur, die ich fürs Studium brauchte, gab es genügend Buchhandlungen in Wien.
Sehr selten verirrte sich auch der eine oder andere »schwule Titel« in deren Regale. Es schärfte in mir das Gefühl einer Lücke — dass Wien da echt etwas fehlte. Den wenigsten Schwulen war das vielleicht bewusst, nachdem sie das Fehlende noch gar nicht hatten kennenlernen können.
Am ehesten konnten mir das noch solche Schwule nachempfinden, die in der Welt herumgekommen und dadurch mit dem Konzept eines schwulen Buchladens vertrauter waren. Im Zuge der zweiten Schwulenbewegung in der Folge des Stonewall-Ereignisses waren schwule Buchläden an verschiedenen Orten der Welt entstanden in Analogie zu den Frauenbuchläden: in New York, Philadelphia, San Francisco, Toronto, London, Paris — und Anfang bis Mitte der er Jahre mit den Läden in Berlin, Hamburg, München, Stuttgart und Köln auch in Westdeutschland.
Die schwulen Buchläden waren ein Ausdruck gestiegenen schwulen Selbstbewusstseins und auch des Problems, dass Schwule sich mit ihren Bedürfnissen und Interessen in den Heterobuchläden oft nicht wiederfanden. Der schwule Buchladen sollte das Monopol der Heterobuchläden brechen.
Sie spezialisierten sich auf ein Sortiment, das anderswo nicht angeboten wurde. Die ersten schwulen Buchläden waren selbstverwaltete Projekte — nahe an der Selbstausbeutung. Oft mussten sie auch auf freiwillige Helfer zurückgreifen, die kein oder nur wenig Geld bekamen.
Sie waren aus der schwulbewegten Subkultur heraus entstanden, standen ihr weiterhin nahe und bedienten die Bedürfnisse der Schwulen, die dieser Subkultur angehörten und deren Bedürfnisse und Interessen anderswo nicht wahrgenommen oder einfach ignoriert wurden — so im wesentlichen das Konzept.
Die schwulen Buchläden boten ein Spektrum schwuler Literatur an, das sonst nur schwer bis gar nicht zu bekommen war. Es war und ist ihre historische Leistung — schwule Literatur zugänglicher gemacht zu haben für den schwulen Kunden und dies auch weiterhin zu tun — eine Auswahl zu treffen, die sonst im Buchhandel niemand gemacht hätte, bzw.
Und hier in den schwulen Buchläden musste man sich weder »schämen« noch rechtfertigen dafür, dass man »solche« Literatur haben wollte. Es waren andere Zeiten selbst in unseren Breiten, die noch immer mit begründeten oder unbegründeten Ängsten behaftet sein konnten. Vieles wurde noch immer totgeschwiegen, war verpönt.
Der »Heterobuchhandel« wollte nichts damit zu tun haben; zeigte ein Desinteresse, das wohl einer gewissen Homophobie geschuldet war. Und so wundert es nicht, dass die Homosexualität von so manchem Autor, bzw. Dazu war oft eine geradezu detektivische Leistung nötig — alles Teil der Tätigkeit eines schwulen Buchhändlers.